Die Orange Revolution in der Ukraine. Neustart in die Demokratie

Geschichte der Ukraine

Zehn Jahre herrscht Leonid Kutschma über die Ukraine. Alle Versuche, ihn zu entmachten scheitern. Gerade bei der Jugend und dem ukrainischen Teil der Bevölkerung ist die Unzufriedenheit über den moskautreuen Kurs des Präsidenten groß. Dieser kann im Herbst 2004, bei den Präsidentenwahlen zwar nicht mehr selbst kandidieren, hat aber dafür Wiktor Janukowitsch, seinen zweimal vorbestraften Premierminister ins Rennen geschickt.

Doch die Verhältnisse in der Ukraine sind anders als beim weißrussischen Nachbarn im Norden. Die Traditionen des Widerstands reichen zurück bis zu den Studentenprotesten in den 1980er Jahren.

Im Januar schon gründet sich die Organisation PORA – "Es ist Zeit". Ihre vorwiegend jungen Aktivisten überziehen das Land mit einem Netz oppositioneller Gruppen, die sich mit Elan und Phantasie auf den entscheidenden Kampf vorbereiten. Wiktor Juschtschenko und Julia Timoschenko werden zu Aushängeschildern der Anti-Kutschma-Bewegung, Juschtschenko Präsidentschaftskandidat der Opposition. Und tatsächlich gelingt es ihm, im 1. Wahlgang am 31. Oktober 2004 mehr Stimmen als Janukowitsch auf sich zu vereinen.

Das Land blickt gespannt auf die Stichwahl am 21. November, massive Wahlmanipulationen zu Gunsten der bisherigen Machthaber werden vermutet und als nach Auszählung der Stimmen Kutschmas Wunschkandidat zum Sieger erklärt wird, ist dies das Signal für die Opposition zum offenen Widerstand.

1546 Zelte werden auf dem Majdan Nesaleschnosti, dem Platz der Unabhängigkeit, mitten im Zentrum Kiews errichtet. Aus allen Teilen des Landes reisen Tausende in die Hauptstadt, um gegen die gefälschte Wahl zu protestieren. Orange wird zur Symbolfarbe dieser friedlichen Revolution und gibt ihr auch ihren populären Namen.

Bei den Demonstrationen stehen junge Mädchen an neuralgischen Punkten in der ersten Reihe. So werden die Sicherheitskräfte daran gehindert, vor den Augen der Fernsehkameras aus aller Welt Gewalt anzuwenden. Bemerkenswert aber ist die Disziplin auf beiden Seiten. Zwischenfälle sind äußerst selten, obwohl die Anhänger beider Kandidaten oft direkt nebeneinander demonstrieren. Damit beweist die ukrainische Bevölkerung eindringlich Ihr Interesse und Ihre Fähigkeit, politische Konflikte ohne Waffengewalt, friedlich und demokratisch zu lösen. Das hebt sie bis heute von vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion ab.

Am 27. November versammeln sich 1,5 Millionen Menschen im Zentrum von Kiew und die Proteste im ganzen Land halten wochenlang an. Schließlich sieht sich der Oberste Gerichtshof der Ukraine gezwungen, die Stichwahl am 26. Dezember wiederholen zu lassen. Mit 51,9 % - einem sehr knappen Ergebnis – wird Wiktor Juschtschenko neuer Präsident der Ukraine.

Die Probleme des Landes waren damit nicht gelöst. Nach mehreren Regierungskrisen mit dem vorläufigen Aus für Julia Timoschenko und einem kalten Krieg um den Gaspreis mit Russland hat sich bei vielen Ukrainern Ernüchterung eingestellt. Weder verfügt das Land über nennenswerte Rohstoffressourcen noch über eine moderne Industrie. Auch die Landwirtschaft dürfte auf den harten internationalen Märkten nicht allzu konkurrenzfähig sein, und der Tourismus steht erst am Anfang.

Die Bevölkerung ist weiterhin gespalten. Ein Teil setzt seine Hoffnungen auf die Europäische Union, die die Annäherung der Ukraine zwar begrüßt, jedoch nicht ausreichend unterstützt. Der zweite Teil, die zumeist russischstämmigen Einwohner, tritt für eine engere Bindung an Moskau ein, was auch den Interessen Russlands nach Sicherung und Erweiterung seiner Einflusssphäre entgegenkommt.

Noch ist ungewiss, in welche Richtung sich das Land in den nächsten Jahren entwickeln wird. Fünf Jahre nach der Orangenen Revolution haben die meisten Bürger resigniert. Wieder haben die Politiker und Oligarchen nur sich selbst in die Tasche regiert, die einstigen Lichtgestalten der Orangen Revolution, Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko sind tief zerstritten.

Die Wahl im Januar 2010 wird keine entscheidende Wende einleiten. In seiner Antrittsrede betont der neugewählte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch zwar die Rolle der Ukraine als Brücke zwischen der EU und Russland. Es ist allerdings die Frage, ob die Ukraine wirklich eine stabile Brücke sein kann oder ob mit dem neuen Präsidenten die altbekannte ukrainische Pendeldiplomatie eine Fortsetzung erfährt.

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