Bohdan Chmelnyzkyj. Der Kosakenführer (Hetman) der ukrainischen Kosaken

Geschichte der Ukraine

Er hätte einem geruhsamen Lebensabend entgegensehen können, der Schreiber der Registerkosaken und Hundertschaftsführer im Dienst der polnisch-litauischen Krone Bohdan Chmelnyzkyj. Eine gute Ausbildung bekam der um 1595 Geborene in Kiew und bei den Jesuiten in Lemberg. Seine erste Frau Anna schenkte ihm 5 Kinder. Geheiratet hatten sie, nachdem der junge Kosak 2 Jahre bei den muslimischen Tataren gefangen war. So kannte er dieses Volk gut, dessen Sprache und Denkweise – später sollte ihm das hilfreich sein.

Chmelnyzkyj also ist bestens vertraut mit den drei Kulturen, die sich im Grenzland am Beginn der Neuzeit überschneiden: das katholische Polen-Litauen, die vom orthodoxen Glauben geprägte Welt der Kosaken und die osmanisch beeinflusste der Krimtataren.

Nach Annas Tod lebt er mit der etwas flatterhaften Helena zusammen auf seinem eigenen Gut. Sie haben einen Sohn, der ist zehn Jahre alt und Chmelnyzkyj nun schon über 50.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert wächst der Druck Polen-Litauens auf das Grenzland, die freien Kosaken, die hörigen Bauern, die Angehörigen des orthodoxen Glaubens allgemein. Garantierte Privilegien werden beschnitten, das Register und damit die Zahl freier Kosaken gekürzt, freie Familien auf den Status Höriger gedrückt, ein erster großer Aufstand 1637/38 blutig niedergeschlagen. In der Ukraine gärt es, eine revolutionäre Situation kann man es nennen, aber noch fehlt ein fähiger Anführer.

Dann bricht jäh die Realität in das Leben des Bohdan Chmelnyzkyj. Ein polnischer Magnat stellt dessen Besitzanspruch auf das Gut in Frage, ein anderer Pan nutzt die Abwesenheit des Hausherren für einen Überfall. Helena wird entführt, ihr gemeinsamer Sohn getötet, der Hof niedergebrannt.

Der treue Untertan des polnischen Königs steht vor dem Nichts. Er geht nach Saporoschschje, in die Sitsch, zu den freien Kosaken, redet, überzeugt, plant. Neue Befestigungen werden angelegt und alte verstärkt, ein Bündnis mit dem Khan der Krimtataren Islam-Girej eingegangen. Am 19. April 1648 wählt eine Rada aus 8000 Kosaken Bohdan Chmelnyzkyj zu ihrem Hetman und beschließt den Aufstand.

3000 Männer sind es nur wenige Tage später, die in den Kampf ziehen. Leibeigene und Bauern schließen sich ihnen an und nördlich von Kriwoi Rog bei einem "Gelbe Wasser" genannten Ort erringen sie Anfang Mai ihren ersten Sieg über ein Heer aus Polen und Registerkosaken. Letztere töten ihren Anführer Barabasch und gehen zu Chmelnyzkyj über. Nur zehn Tage später siegen sie erneut, bei Korsun (dem heutigen Korsun-Schewtschenkowski). In Bila Zerkwa ruft der Hetman zum Anschluss an sein Heer und die Menschen strömen in Scharen herbei. Die gesamte Ukraine bis ins heutige Weißrussland ist in Aufruhr. Güter brennen, Herren werden erschlagen.

Allerdings auch mindestens 10 000 Juden. Sie waren von den polnischen Magnaten als Gutsverwalter eingesetzt, betätigten sich als Händler und Geldverleiher. Für den aufgestauten Hass der Bauern und Kosaken sind sie oft das am leichtesten erreichbare Ziel. Dazu kamen noch ihre andersartige Erscheinung und der traditionelle christliche Antisemitismus. Eine lange Reihe bis ins 20. Jahrhundert andauernder Pogrome nimmt hier ihren Anfang.

Polen ist durch den Tod König Wladislaws politisch nicht voll handlungsfähig. Ein 40 000 Mann starkes Heer, bunt zusammengewürfelt und ohne einheitliche Führung, zieht gegen die Aufständischen. Die adligen Offiziere erhoffen eine wild-fröhliche Treibjagd auf die unbotmäßigen Bauerntölpel mit anschließendem Zechgelage. Gut 100 Kanonen erbeutet Chmelnyzkyjs siegreiche Truppe, dazu die Trosswagen mit den Wertsachen der adligen Kavaliere.

Feierlich wird der Hetman danach in Kiew empfangen. Ein Bündnisangebot der Kosaken an Russland wird vom Zaren abgelehnt. Moskau fühlt sich noch nicht stark genug für einen offenen Krieg mit Polen. Aber heimlich rollt der Nachschub: Getreide, Pulver und Blei.

Anfang Oktober hat Polen wieder einen König. Noch im Winter kommt es in Perejaslaw zu Verhandlungen. Als Chmelnyzkyj das magere Angebot König Kasimirs ablehnt, wird er zum Staatsfeind erklärt und eine Prämie von 10 000 Zloty auf seinen Kopf ausgesetzt. Aber schon im März treibt das ukrainische Heer die Polen nach Westen zurück. Im Sommer 1649 kommt es bei Sboriw an der Landstraße zwischen Lemberg und Ternopil zur Schlacht.

Doch hier verraten die Tataren ihre Verbündeten. Der Hetman ist gezwungen, den Kampf abzubrechen.

Die Bedingungen des neuen Vertrages sind günstig: Amnestie für alle, Religionsfreiheit, keine Stationierung polnischer Truppen auf kosakischem Gebiet und ein Register von 40 000 Mann – in Perejaslaw bot Polen nur die Hälfte. Dennoch ist es ein Vertrag, der niemanden zufrieden stellt und so wird erneut zum neuen Krieg gerüstet – auf beiden Seiten.

Für Polen ist es leicht, in Europa Söldner anzuwerben. Gerade ging dort der Dreißigjährige Krieg zu Ende. Chmelnyzkyj überzieht das Register. Dann, in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1651 marschiert das polnische Heer in der Ukraine ein. Südlich von Luzk bei Berestetschko kommt es zum Treffen. Wieder verraten die Tataren den Hetman, nehmen ihn sogar gefangen. Dem kosakischen Heer unter Bogun gelingt die Flucht in die Steppe. Aber Kiew fällt.

Bis zum September verschwindet Chmelnyzkyj von der politischen Bühne. Was in der Zwischenzeit geschieht, ist ungewiss. Helena, Chmelnyzkyjs Lebensgefährtin nach dem Tod seiner ersten Frau Anna, wird in dieser Zeit getötet.

Dann unterschreibt er den Vertrag von Bila Zerkwa, ein Dokument, in dem viel des schon Erreichten zurück genommen wird. Der Krieg ist an einen toten Punkt gelangt. Das Volk scheint müde, ausgeblutet. Im Mai 1652 siegen die Aufständischen bei Batog am südlichen Bug. Im Sommer des nächsten Jahres marschiert wieder ein polnisches Heer in die Ukraine und wieder verhandeln die Kosaken mit Moskau. Diesmal ist man in Russland zum Bündnis mit dem Süden bereit. Der Beschluss dazu wird im Oktober gefasst und am 23. desselben Monats erfolgt die Kriegserklärung an Polen. Zwar wäre man erst im nächsten Jahr dafür gerüstet, aber das wissen die Polen nicht und auch nicht die jetzt mit diesen verbündeten Tataren. Die Truppen beider Seiten ziehen sich kampflos zurück.

Anfang 1654 tagt die Rada in Perejaslaw. Der Zar gewährt ein Register von 60 000 Mann, gleiche Rechte wie für die anderen Kosaken des Imperiums an Don und Ural, Religionsfreiheit. Das Hetmanat unter Chmelnyzkyj auf dem linken Ufer des Dnepr, einschließlich Kiews ist nun de jure Bestandteil Russlands. Die Westukraine bleibt unter polnischer Herrschaft.

Am 21.07.1657 legt Hetman Bohdan Chmelnyzkyj sein Amt nieder und stirbt kurz darauf. Der Hass Polens soll ihm erhalten bleiben. Sieben Jahre später, bei einem erneuten Einfall polnischer Truppen, wird das Grab geschändet, die Gebeine des Toten den Hunden vorgeworfen.

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