Nischni Nowgorod. Industriestadt mit Geschichte an der Wolga

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Die Stadt Nischni Nowgorod im europäischen Teil Russlands gehört zu den größten Städten des Landes. Sie befindet sich ca. 300 km östlich der russischen Hauptstadt Moskau und liegt malerisch am Zusammenfluss von Oka und Wolga. Aufgrund der Vielzahl gut erhaltener Gebäude aus mehreren Epochen und verschiedenen Baustilen ist die Stadt ein Eldorado für Kulturreisende und Architekturinteressierte.

Wie schon seit mehreren Jahrhunderten befindet sich die Stadt auch heute an den Hauptmagistralen und damit Handelsrouten von West nach Ost und von Norden nach Süden. Waren es früher Karawanenwege und vor allem die Flüsse, so sind es heute die Transsibirische Eisenbahn und breite Schnellstraßen, die den Waren- und Personenaustausch in beschleunigter Form realisieren. Daneben hat die Wolga, der größte Fluss Europas, noch immer eine zentrale Aufgabe für den Warenaustausch.

Noch heute genießt Nischni Nowgorod den Ruf und Mythos einer reichen Handelsstadt, nicht zuletzt durch ihre weithin bekannten und architektonisch auffallenden Markthallen der Handelsausstellung. Der größte Schiffshafen an der Wolga und einer der wichtigsten Flughäfen des Landes unterstreichen diese Bedeutung.

Die günstige Lage an den beiden Flüssen Oka und Wolga war der Grund für die Gründung der Stadt. Die endlosen undurchdringlichen Wälder mit allerlei Gefahren erschwerten die Entstehung von Handelsrouten auf dem Land und verlagerten den Transport aufs Wasser, so waren Zusammenflüsse, noch dazu mit steilen Hügeln als Schutz gut geeignet zur Sicherung und Kontrolle der Handelswege. Vom Wolgaufer führt heute eine Treppe schweißtreibende 560 Stufen hinauf zur historischen Festung.

Mit wachsendem Reichtum und steigender Bedeutung der Stadt (im 14. Jahrhundert wird sie Hauptstadt des Fürstentums Susdal) musste Nischni Nowgorod bald stärker gegen die anrückenden Tataren und Mongolen gesichert werden und erhielt eine steinerne Festung, den Kreml von Nischni Nowgorod, der im 16. Jahrhundert nochmals bis in seine heutige Form erweitert und durch den Einsatz von rotem Ziegel markant gestaltet wurde.

Der Kreml ist ein beeindruckendes Beispiel mittelalterlicher Festungsbaukunst, die Mauerns sind bis zu 5m dick, die Festungstürme des Kremls recken sich 30 m gen Himmel und aus Ihnen hat man einen weiten, berückend schönen Ausblick über die Wolga und ihre malerischen Flussauen. Sehenswert ist auch die im Kreml erbaute Erzengel- Michael- Kathedrale aus gleißend weißem Stein aus dem 16.Jahrhundert.

Zu dieser Zeit war Nischnij Nowgorod bereits Teil des Moskowiterreiches, keine Hauptstadt mehr, machte jedoch immer wieder auf sich aufmerksam, zum Beispiel durch die vom Kaufmann Minin und dem Fürsten Poscharski gegründete Volkswehr, die Moskau 1612 von den Polen befreiten. Kusma Minins sterbliche Überreste sind in der Erzengel- Michael- Kathedrale im Kreml der Stadt beigesetzt, vor dessen Tor ein Platz mit einem Denkmal nach den beiden ruhmreichen Söhnen Nischni Nowgorods benannt ist.

Vom 17. bis ins 20. Jahrhundert erlebt die Stadt einen stürmischen Aufschwung, mit ihr verbinden sich bekannte Namen und Begriffe, darunter der der Kaufmannsfamilie Stroganow und der Messe von Makarjew. Die Romanows benennen einen kompletten Baustil, der sich in den Bauten der Mariä- Geburts- Kathedrale und der "Kirche der Smolensker und Wladimirer Gottesmutter" (beide aus dem 17. Jahrhundert) widerspiegelt.

Daneben hält die Industrialisierung in Nischni Nowgorod Einzug und macht es zu einem der wichtigsten Industriezentren Russlands. Beredtes Zeugnis dafür sind die Jugendstilbauten der Stadtvilla und der Bank der Familie Rukawischnikow, weiterhin die ehemalige Staatsbank im altrussischen Stil und die Bauernbank, heute ein Jugendzentrum. Sehenswert aus der Zeit dieser Jahrhundertwende ist auch das Rathaus der Stadt.

Der in Nischni Nowgorod geborene Schriftsteller Alexej Maximowitsch Peschkow, weitaus bekannter unter seinem Künstlernamen Maxim Gorki, beschreibt in seinen ersten Büchern die prekäre Lage des Proletariats der Stadt, welche schließlich in der Oktoberrevolution ein Ventil sucht. Nach ihm wird die Stadt in den dreißiger Jahren benannt.

Zu dieser Zeit hat neben dem Industrialisierungsboom auch eine Suche nach einer eigenen künstlerischen Sprache des jungen Sowjetstaates eingesetzt, der sich in zahlreichen Gebäuden im Stadtzentrum zeigt. So entstehen das Haus der Garantiabank, der Schuchow-Stromleitungsmast, das Goldene Haus, das Haus des Künstlers und andere pittoreske architektonische Zeitzeugnisse.

Das in Gorki umbenannte Nischni Nowgorod wird zu einer der Waffenschmieden der Sowjetunion und zur "geschlossenen Stadt" erklärt, damit unzugänglich für Ausländer. Neben Flugzeugen und Automobilen entstehen hier Kampfflugzeuge, Atom- U- Boote, Katjuscha-Raketen und Panzer, darunter der legendäre T-34. Zum Ende des 2. Weltkrieges sind in der Stadt auch deutsche Kriegsgefangene in Lagern interniert.

Dann versinkt auch Nischni Nowgorod in den bleiernen Zeiten des Sowjetsozialismus zwischen den 60er und 80er Jahren. Andrej Sacharow, ein bekannter Physiker und Menschenrechtler, wird nach Gorki verbannt und lebt, gut überwacht vom KGB, in einem der unzähligen neu entstehenden Plattenbauten. Seine Wohnung von damals kann heute als Museum besichtigt werden.

Heute locken vor allem das Stadtzentrum mit seinen historischen Sehenswürdigkeiten zahlreiche Touristen in die Stadt. Im Kunstmuseum Nischni Nowgorods kann eine beachtliche Sammlung russischer Gemälde, darunter Werke von Lewitan, Repin und Aiwasowskij bewundert werden, daneben werden im Museum auch Werke ausländischer Künstler präsentiert.

Auf einem Spaziergang über die zentrale Bolschaja-Pokrowskaja- Straße mit langer Fußgängerzone kann man neben Edelboutiquen, Souvenirläden, unzähligen Cafés und Restaurants auch viele besonders schöne Gebäude entdecken, so die bereits erwähnte Nationalbank im Stile einer russischen Festung, das dramatische Theater und ein Puppentheater für Kinder.

Sehenswert ist auch das Museum für Architektur und Leben der Menschen der Wolgaregion, ein Freilichtmuseum mit zahlreichen Holzkirchen und Wohngebäuden in imposanter Holzsteckarchitektur aus dem 19. Jahrhundert. Daneben bietet die Stadt weitere Genüsse der feinen Künste, darunter ein weltbekanntes Balletttheater und eine lebendige Theaterszene.

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